Startchancen! Was Schulen im Brennpunkt brauchen – Zwei Tage in Berlin

Startchancen! Was Schulen im Brennpunkt brauchen – Zwei Tage in Berlin

Erster Tag am Campus Rütli

Es begann 2006 mit einem Brandbrief. Einem Hilferuf des Kollegiums und der Schulleitung der Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln. Man sei der Situation nicht mehr Herr. Lehrerinnen und Lehrer würden bedroht, Intensivtäterinnen und -täter zum Rollenvorbild, die Schule zerstört und Sprachbarrieren und Gewalt machten den Unterricht unmöglich. Die Rütli-Schule wurde zum Inbegriff des Versagens von Hauptschulen und als Brennpunktschule tituliert. Der Aufschrei war groß. 18 Jahre später ist die Rütli-Hauptschule Vergangenheit und der Campus Rütli Gegenwart und Zukunft. Auch der Blick von Politik auf Schulen im Brennpunkt hat sich verändert.

Schulen im Brennpunkt sind keine schlechten Schulen, sondern die Schulen mit den größten Herausforderungen und brauchen Unterstützung.
Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung, am 14. September zur Begrüßung

Wir sind zum ersten Teil unserer zweitägigen Veranstaltung „Startchancen! Was Schulen im Brennpunkt brauchen“ auf dem Campus Rütli zusammengekommen. Zwei Tage wollen wir mit Schulleitungen, Wissenschaft, Vertreterinnen und Vertretern von Politik und Verwaltung auf Bundes- und Landesebene darauf schauen, was Schulen im Brennpunkt brauchen, welche Unterstützung bereits einzelne Bundesländer leisten und wie die des Bundes durch das Startchancen-Programm aussehen müsste.

Auf dem Campus Rütli stellt uns Campusmanagerin Katharina Riedel vor, welche Einrichtungen zum Campus gehören, wie die Zusammenarbeit aussieht und wie das Motto „Kein Kind, kein Jugendlicher geht verloren“ konzeptionell hinterlegt ist. Campus- und Schulleiterin Cordula Heckmann diskutiert anschließend mit den Schulleitungen und Alumni aus unserem Programm „impakt schulleitung“ (verlinken) über die Herausforderungen im Brennpunkt, darüber wie wichtig Elternarbeit ist, über die Personalentwicklung und -gewinnung und vor allem, worauf es als Schulleitung im Brennpunkt ankommt, nämlich darauf: 

Fotos: David Ausserhofer

Zweiter Tag in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Am zweiten Tag geht es in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Mitte weiter. Hier liegt der Fokus auf zwei Themen: Prof. Dr. Stephan Gerhard Huber hat über fünf Jahre die Schulen in unserem Programm „impakt schulleitung“ wissenschaftlich begleitet. Er stellt nun erste Ergebnisse vor und zeigt damit auf, welche Unterstützung Schulen im Brennpunkt brauchen und wie diese aussehen kann. Gleichzeitig liegt der Fokus heute auf der Frage, was die Ampelkoalition im Bund für ihr angekündigtes Startchancen-Programm, mit dem sie 4000 Schulen im Brennpunkt unterstützten will, aus den Ergebnissen lernen kann. 

Zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Begleitung von impakt schulleitung

Die wissenschaftliche Begleitung zeigt folgendes: Die Schulleitungen und die am Programm beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulen berichten von positiven Entwicklungen mit Blick auf Motivationssteigerung, Kompetenzentwicklung sowie Verhaltens- und Organisationsveränderung. Im Vergleich zu ähnlich belasteten Schulen, die nicht am Programm teilgenommen haben, zeigen sich in den Projektschulen aus Sicht der Schulleitungen signifikant günstigere Entwicklungen in der Qualität schulischer Arbeit. 

Perspektiven von Schulleitungen und Ländern

Anschließend diskutieren drei Schulleitungen Cäcilia Nagel aus Nordrhein-Westfalen, Carsten Haack aus Schleswig-Holstein und Ralf Früholz aus Rheinland-Pfalz mit der Moderatorin Dr. Heike Schmoll von der FAZ über ihre Erfahrungen mit dem Programm „impakt schulleitung“. Carsten Haack, Schulleiter der Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule in Kiel, stellt unter anderem das PerspektivPapier vor, das die Schulleitungen der PerspektivSchulen in Schleswig-Holstein Anfang dieses Jahres verfasst haben. Darin beschreiben die Schulen ihre Herausforderungen und machen Vorschläge, wie diese gemeistert werden können, nachzulesen auf Spiegel Online: Schulen in sozial schwierigem Umfeld: »Uns rutscht kein Kind mehr durch« 

Nach den Schulleitungen sitzen eine Landesvertreterin und ein Landesvertreter auf dem Podium: Elke Schott aus dem Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz und Hans Stäcker aus dem Bildungsministerium in Schleswig-Holstein. Sie diskutieren mit Kerstin Lehner, Leiterin Programme der Wübben Stiftung und Moderatorin Heike Schmoll darüber, was sie sich vom Startchancen-Programm des Bundes erhoffen. Zwei große Fragen werden dabei deutlich: Wie werden die 4.000 Schulen, die die Unterstützung des Bundes erhalten sollen, ausgewählt? Und wird der Bund die Weiterführung der bereits vorhandenen Programme in den Ländern erlauben oder werden die Länder zu einem Neustart gezwungen?

Programme in den Bundesländern

Welche Programme in den Bundesländern bereits vorhanden sind, stellt zum Abschluss der zweitägigen Veranstaltung Dr. Hanna Pfänder, Leiterin Wissenschaftliche Analysen und impaktlab der Wübben Stiftung, vor. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Laura Braun hat sie 17 Programme identifiziert, die in den Bundesländern Schulen im Brennpunkt unterstützen. Die Übersicht finden Sie hier: Unterstützung von Schulen in herausfordernder Lage: Eine vergleichende Darstellung aktueller Programme

Durch unsere zwei Tage in Berlin werden folgende Aspekte mehr als deutlich: Das Bild von Schulen im Brennpunkt hat sich seit dem Rütli-Aufschrei verändert. Es wird anerkannt, dass diese Schulen vor größeren Herausforderungen stehen als andere Schulen und der Weg ihrer Kinder und Jugendlichen zum Bildungserfolg oft länger und komplexer ist. Viele Bundesländer haben darauf bereits reagiert und geben diesen Schulen mehr Ressourcen. Ungleiches wird ungleich behandelt. Nun warten diese Schulen und die Bundesländer auf das Startchancen-Programm des Bundes. Abschließend dazu:

Ich kann nicht verstehen, dass das Startchancen-Programm im Haushaltsjahr 2023 nicht budgetiert ist. Wir können keine Rückrufaktion machen. Die Schülerinnen und Schüler sind jetzt in der Schule – nicht in drei Jahren.
Prof. Dr. Stephan Huber

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